In den letzten 16 Jahren gab es in der Schweiz vier Erstnachweise von neuen Möwenarten:
1997 entdeckte M. Schweizer in Romanshorn die erste Steppenmöwe, 2005 M. Wettstein am Thunersee bei Merligen eine Aztekenmöwe, 2006 P. Parodi in Schaffhausen eine Präriemöwe und jetzt, am 25.01.2013, M. Hammel in Merligen am Thunersee (Kanton Bern) eine Polarmöwe. Letztere zählt im europäischen Binnenland zu den sehr seltenen Ausnahmeerscheinungen. Eine in früherer Literatur aufgeführte Polarmöwe von 1849 vom Neuenburgersee erwies sich bei einer Revision als Eismöwe (Maumary et al., 2007). Wie gewöhnlich bei Erstnachweisen lockte die Polarmöwe seit ihrer Entdeckung dutzende von Ornithologinnen und Ornithologen an den Thunersee und wie damals bei der Präriemöwe in Schaffhausen fand der Vogel eine starke Präsenz in verschiedenen Medien der ganzen Schweiz.
Die endemisch in Grönland vorkommende Polarmöwe (Nominatform Larus glaucoides glaucoides) brütet dort in mehreren 10’000 Brutpaaren. Sie überwintert im Nordatlantik (Island) bis zu den Britischen Inseln. Die ihr sehr ähnliche Unterart – Kumlienmöwe Larus glaucoides kumlieni – ist Brutvogel in der kanadischen Arktisregion (ca. 10’000 Brutpaare) und überwintert von Labrador bis Neu-England und im Gebiet der Grossen Seen. Polarmöwen sind – zusammen mit der grösseren und ihr ähnlichen Eismöwe – an der Küste Deutschlands regelmässige aber spärliche Wintergäste, die hauptsächlich einzeln auftreten. Im Winter 2012 gab es in Norddeutschland einen Einflug von mehreren Polarmöwen mit Beobachtungen an etwa 25 Orten, u.a. bis im 200km von der Küste entfernten Raum Braunschweig. – Quellen: G. Braemer in „Aves Braunschweig 3 (2012), D. Gruber in Club300.de (02.02.2012) sowie Meldungen in ornitho.de.
Woher stammt der schweizerische Erstnachweis? Oft sind starke Stürme aus westlicher Richtung Ursachen für Verfrachtungen von Vögeln bis ins europäische Binnenland. Wir erinnern uns an den Sturm „Lothar“ von 1999, der viele Hochseevögel (Pelagen) u. a. bis nach Mitteleuropa brachte. Bei der Polarmöwe von Merligen könnte es durchaus auch um einen der in Norddeutschland im letzten Winter eingeflogenen Vögel handeln und der jetzt seiner inneren Uhr folgend den Weg ins Winterquartier Schweiz eingeschlagen hat. Regelmässige updates zu den Beobachtungen finden Sie auf Swissbirdalert.